Der 1.Weltkrieg im Weidenauer Ländchen


Der 1. Weltkrieg wurde 1914 von der Weidenauer Bevölkerung mit großer Begeisterung begrüßt, die aber bald abflaute. Das Weidenauer Ländchen wurde im Verlaufe des Krieges im wahrsten Sinne des Wortes seiner Lebensmittel beraubt, deren Bestände so gering wurden, dass Anfang 1918 die Bürgermeister der Städte mit einem Aufruhr drohten, wenn die Requisitionen nicht aufhören würden, zu dieser Aktion hatte Prof. Karner aus Weidenau aufgerufen.

Mit dem Ausruf der Tschechoslowakischen Republik in Prag am 28. Oktober 1918 beginnt ein neuer Zeitabschnitt in der Geschichte des Freiwaldauer Gebietes und damit auch von Weidenau. Weidenau war praktisch ganz deutsch (bei der Volkszählung im Jahre 1921 waren 99%, der Bewohner Deutsche), nur die wenigen Beamten und Finanzer sind Tschechen. In den Anfängen der Geschichte der neuen Tschechoslowakischen Republik gab es eine Bewegung mit dem Ziel, die Grenzgebiete als Sudetenland zusammenzufassen und den Anschluß an Deutschland zu erreichen. Die Deutschen Nordböhmens, Nordmährens und Österreich-Schlesiens erklären sich als „Provinzen“ des „Staates Deutsch-Österreich“. Doch werden ihre Gebiete nach militärischer Besetzung durch die tschechoslowakischen Militärs rasch unter tschechische Verwaltung genommen.

Dies war wahrscheinlich der Zeitpunkt der Abwanderung meines Familienzweiges aus Großkrosse, nämlich der Familie um den Steinarbeiter Ferdinand Filpe ( * 07. April 1875 in Großkrosse Nr. 103 +1922 in Qualkau, Ldkr. Schweidnitz; PersonNr. IV.19). Somit wanderten auch dessen Söhne Josef, Ferdinand, Albert also auch mein Urgroßvater, Gustav FILPE (* 13. Februar 1896 in Gurschdorf, Ldkr. Freiwaldau +12. Februar 1945 in Klettendorf bei Breslau; PersonNr. V.11) ab. Die Familie ließ sich in Qualkau, Kreis Schweidnitz (Niederschliesien) am Fuße des Zobten nieder, wo mein dort geborener Großvater, Max FILPE (*1921 +1993; PersonNr.VI.4) das Handwerk des Steinarbeiters erlernte und somit diese Berufstradition in dritter Generation fortsetzte.

Hier geht es zur Chronik der Familie nach der Auswanderung nach Qualkau 1918


Im Weidenauer Ländchen verblieb nur noch ein Familienzweig Filpe, nämlich die Familie des Schuhmachers zu Kleinkrosse,
Adolf Filpe (*1871 in Domsdorf, Kreis Freiwaldau + 1955 in Lindau am Bodensee, PersonNr.IV.24) aus der Linie des Michael Filpe.

Das weitere Zusammenleben von Tschechen und Deutschen verlief im Grunde korrekt. Es begann sich erst mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland zu verschlechtern. Der Boden dafür wurde sicher auch durch die nationalistische Politik der tschechoslowakischen Republik bereitet, die der Bewahrung der Identität der deutschen Staatsbürger keine überzeugende Chance bot.


Am 4.März 1919 kommt es zum Generalstreik und Massendemonstrationen in Deutsch-Böhmen und Deutsch-Mähren gegen das Verbot der Teilnahme an den Wahlen zur Nationalversammlung Deutsch-Österreichs. Das Eingreifen tschechischen Militärs führt zu zahlreichen Todesopfern, besonders in Eger (Cheb, Westböhmen), Kaaden (Kadan, Nordböhmen) und Sternberg (Sternberk, Nordmähren). Auch im Jahre 1919 wurde ein Regierungserlass zur Musterung der Jahrgänge 1898 und 1899 veröffentlicht. Es wurden in der Bevölkerung, die unter der schlechten Versorgungslage litt, Gerüchte verbreitet, dass das Militär zur Verhinderung von Demonstrationen eingesetzt würde. Deshalb sind auch in Weidenau viele der Einberufenen nicht vor der Musterungskommision erschienen. Es kam zur Konfrontation mit der tschechoslowakischen Armee, als sich ungefähr 300 Männer zusammentaten, um die Einberufenen zu befreien, die in Weidenau inhaftiert worden waren, weil sie der Einberufung nicht gefolgt sind. In Weidenau war zwar eine Einheit von Soldaten, aber keiner von ihnen hat sich - trotz entsprechender Befehle der Offiziere - getraut, gegen die Demonstrierenden Waffen zu gebrauchen.


Nach den Wahlergebnissen des Jahres 1920 war im Bezirk Weidenau die stärkste Gruppierung das deutsche Wahlbündnis aus Deutscher Nationalpartei (DNP) und Deutscher Nationalsozialistischer Arbeiterpartei (DNSP), es gewann 39,7 %, der Stimmen. Besonders die Deutsche Nationalpartei war eine Verkünderin deutscher Extrempositionen. Schon im Jahre 1921 haben führenden Funktionäre eine Befreiungsaktion organisiert, die den Anschluss an Deutschland, mittels des sogenannten "örtlichen Verteidigungscorps" erreichen wollte. Die ausgedehnte Verschwörung, zu deren Aufgaben auch der Schmuggel von Waffen gehörte, hatte Befürworter und Mitglieder auch in Weidenau. Die Aktion wurde aber verraten und ihre weitere Ausbreitung durch die tschechoslowakischen Behörden verhindert.


Allmählich ging das deutsche Gymnasium in Weidenau unter. Im Jahre 1923 wurde noch die Matura abgelegt, zugleich aber vom Schulministerium die Schließung der höheren Klassen verfügt. Die Zahl der Klassen wurde auf vier reduziert, die Anstalt umbenannt in ein staatliches Untergymnasium und am Ende des Schuljahres 1926-27 geschlossen.


In der Zwischenkriegszeit gab es in Weidenau ein lebendiges und reiches kulturelles Leben, dafür sorgten die zahlreichen Vereine. Es wurde Amateurtheater gespielt, dessen Tradition weit zurückreicht. Es existierte auch ein städtisches Museum im Gebäude des Schlosses bis zum Jahre 1945. Regelmäßig wurde im städtischen Kino Filme vorgeführt. Der erste Tonfilm wurde 1934 gezeigt. Das in der ganzen Umgebung bekannte und beliebte Kino war für seine Zeit sehr modern ausgestattet.


Viele Touristen aus dem benachbarten Deutschland besuchten Weidenau, und so braucht es nicht zu verwundern, dass es hier sieben Hotels, sechs Gasthäuser, fünf Bäcker, fünf Fleischer, fünf Lebensmittelgeschäfte, drei Läden mit Allerlei, zwei Goldschmiede und Uhrmacher, drei Textilgeschäfte, zwei Konditoreien, eine Druckerei, mehrere Friseure und weitere Gewerbe gab. Um die Gesundheit der Bevölkerung sorgten sich drei Ärzte, und es stand ein Sanitätsauto zur Verfügung. Eine überregionale Versicherung und eine Sparkasse mit Wechselstube boten ihre Dienste an. Ein Tierarzt wirkte hier, und neben anderen Handwerkern gab es Autoreparaturwerkstätten, auf dem Ringplatz stand eine Benzintankstelle.


Die meisten Arbeitsplätze bot die Schamottfabrik, an zweiter Stelle stand die Steinindustrie. Schon mein Altvater, Ferdinand FILPE ( * 07. April 1875 in Großkrosse Nr. 103 +1922 in Qualkau, Ldkr. Schweidnitz; PersonNr. IV.19) war Steinarbeiter in Großkrosse. Später arbeiteten auch seine Söhne Josef, Ferdinand, Albert und somit auch mein Urgroßvater, Gustav FILPE (* 13. Februar 1896 in Gurschdorf, Ldkr. Freiwaldau +12. Februar 1945 in Klettendorf bei Breslau; PersonNr. V.11) als Steinarbeiter in Großkrosse.
Auch mein Großvater, Max FILPE (*1921 +1993; PersonNr.VI.4) erlernte das Handwerk des Steinarbeiters und setzte diese Tradition in dritter Generation fort.


Der Stachlowitzer Steinbruch war bekannt für seinen Qualitätsgranit, er wurde nach ganz Europa ausgeführt. Stachlowitz selber gehörte bis zum Jahre 1945 zur Gemeinde Altrothwasser. Dort lebte und arbeitete auch schon seit Jahrzehnten die Familie nach Albert Filpe (* 1853 in Großkrosse + um 1920 in Stachlowitz; PersonNr. III.21), der Steinarbeiter im Granitbruch war. Albert heiratete um 1872 in die Anna Buchmann (* 1855 in Stachlowitz) und somit in die alte stachlowitzer Familie Buchmann ein. Viele Menschen fanden Beschäftigung auf den erzbischöflichen Gütern und in den zugehörigen Wäldern.


Weidenau war Sitz eines Finanzamtes und eines Gerichts.


Die Weltwirtschaftskrise erreichte die Tschechoslowakei und damit auch Weidenau. Die Weidenauer Schamottfabrik begann Entlassungen vorzunehmen. Vor dem Weidenauer Gericht standen einige Teilnehmer der Demonstration aus Anlass der Beerdigung der Opfer des sogenannten Freiwaldauer Streiks im Jahre 1931. Acht Männer wurden damals von den "Tschetniks" erschossen.


Die schwierige Wirtschaftssituation dieser Jahre begann sich in der politischen Orientierung der Bevölkerung niederzuschlagen, vor allem nach dem Machtantritt Hitlers im Jahre 1933. Am 1.Oktober 1933 wird die Sudetendeutsche Heimatfront (SHF) gegründet, an deren Spitze Konrad Henlein (* 1898 + 1945) steht und deren Ziel es ist, allmählich die Bevölkerung der Sudeten zu gewinnen. Sie hört bald auf, mit den übrigen deutschen Parteien zusammenzuarbeiten und beginnt, ihre Mitglieder auf die Vereinigung aller Deutschen in einem Reich einzustimmen. Vor den Wahlen 1935 ändert sie ihre Bezeichnung in Sudetendeutsche Partei (SDP). Schon in dieser Zeit entstehen eigene Ordnerabteilungen, die unter anderem die Aufgabe hatten, auffällige Gegner zu terrorisieren. Im Jahre 1935 wird die SDI die stärkste politische Partei, im Weidenau Gebiet gewinnt sie 74,07 %. Das ist die höchste Zahl unter allen Gerichtsbezirken des jetzigen Kreises Schönberg. Im weiteren Verlauf kommt es in der Partei zu einer Krise. Gegen ihre Führung bildet sich eine Opposition, die aber allmählich aus der Partei ausgeschlossen wird. Zu den ausgeschlossenen Opponenten gehört auch Rudolf Weiser, der ehemalige Führer der Sudetendeutschen Partei im Weidenauer Bezirk.


Ab 1938 streben die Henlein - Anhänger offen die Zerschlagung der Republik an. Sie haben ein Netz von Kundschaftern in Nordmähren und Schlesien ausgebaut, die Nachrichten nach Neiße und Breslau übermittelten. In Weidenau wirkte als Konfident der Stellmachergehilfe Adolf Schreiber. Die Spannung wuchs im bewegten Jahre 1938 ständig, wenn auch nach der Mai-Mobilmachung die politischen Aktivitäten der SDP abnahmen und sie durch eine erhöhte Tätigkeit der "nichtpolitischen' deutschen Organisationen, vor allem der Turnerverbände, unterstützt wurde.


Die Regierung zeigte bei ihrem Vorgehen nicht genügend Konsequenz und gestattete sogar den Henlein - Anhängern die geforderte allgemeine Wahl im Mai-Juni 1938. In dieser Wahl ist die SDP in Nordmähren und Schlesien zur eindeutig stärksten Partei geworden, vor allem im Gebiet Freiwaldau: Jauernig 97 % der Stimmen, Weidenau 96,1 %, Freiwaldau 95,6 %.


Die Situation eskalierte. Das Grenzgebiet war nur mit kleinen Einheiten der Staatlichen Wache (SOS) besetzt, und deswegen überrascht es nicht, dass in den Nachrichten der Weidenauer Polizeistation schon am 31.5.1938 verzeichnet wird, dass einige Staatsangestellte ihre Familien in das Landesinnere schicken. Man braucht sich darüber nicht zu wundern, denn den Henlein - Anhängern ist es gelungen, bei den Ämtern die Gründung besonderer Verteidigungseinheiten zu erreichen den Freiwilligen Schutzdienst, der direkte militärische Vorkehrungen gegen die CSR traf.


Für die Vorbereitung eines Aufstandes wurden Waffen aus Deutschland geschmuggelt. Die Weidenauer Polizei entdeckte am 12. August 1938 in einem Wagen mit Getreide 40 automatische Pistolen mit 2000 Schuss Munition. Der Hauptschmuggler, Paul Kluger, konnte nach Deutschland entkommen, seine Helfer, der Weidenauer Müller A. Gottwald und der Kutscher Langer sowie andere, wurden verhaftet. Sie gehörten zu einer ausgedehnten militärischen Organisation, deren Mitglieder im Reich für die Durchführung von Sabotageakten ausgebildet wurden. Einer von ihnen - A. Knoll -stürzte beim Transport zum Ostrauer Gericht kopfüber aus dem Zug. Dies wurde auch gerichtlich überprüft. Der Fall hat größeres Aufsehen verursacht. Der Gesandte Kundt hat sogar mit Unterstützung der deutschen Botschaft um Instruktionen aus Berlin gebeten, wie man sich im Weidenauer Fall verhalten solle.


Die Situation im Grenzgebiet verschlechterte sich vor allem nach der Rede von Adolf Hitler in Nürnberg am 12. September 1938. Die tschechische Regierung hat zwar am 16. September die Tätigkeit der SDP verboten, aber diese war schon gut vorbereitet für den Kampf in der Illegalität, vor allem mit Hilfe schädigender Organisationen, zum Beispiel der "grüne Kader". Nach dem Verbot der SDP begannen aus dem Freiwaldauer Land Massen von Flüchtlingen in das Reich zu strömen. Am 18. September gab Henlein den Befehl zur Errichtung des sudetendeutschen Freicorps.


Die Kapitulationserklärung der tschechoslowakischen Regierung vom 21. September rief im Freiwaldauer Land große Begeisterung hervor. Die Staatsembleme und andere Symbole der tschechischen staatlichen Hoheit wurden entfernt. Im Freiwaldauer Gebiet kommt es zu einem offenen Henlein - Putsch. Die Einheiten des Freicorps, ausgerüstet mit Gewehren, Maschinenpistolen Handgranaten und Pistolen beginnen gegen die Grenzgemeinden vorzurücken.

Zum größten Zusammenstoß kam es am 12. September 1938 in Weidenau. Gegen Mittag drangen in die Stadt einige Gruppen des Freicorps ein mit dem Ziel, die Stadt zu besetzen. Unweit der Post setzten sich einige Mitglieder der tschechischen Finanzer zur Wehr, sie wurden aber von der Übermacht überwältigt. Im Kampf starben Josef Nowak und Frantiek Pospil, ihnen wurde nach dem Krieg an dem Gebäude der Post eine Gedenktafel gewidmet. Nach dem Kampf um die Post wollten sich ungefähr 30 tschechische Finanzer, Gendarmen, Eisenbahner und Zivilisten mit dem Zug aus Weidenau zurückziehen. Bei der Schule von Großkrosse hatte eine Freicorpsgruppe das Gleis blockiert und begann auf den Zug zu schießen. Die Besatzung des Zuges erwiderte diese Schüsse. Einer der Beamten versuchte, nach den Angreifern einer Handgranate zu werfen, diese explodierte jedoch noch im Wagon. Zwei Tschechen wurden getötet und 14 verletzt.


Am 23. September wurde im Freiwaldauer Gebiet das Standrecht verhängt, aber Weidenau war unter der Kontrolle des Freicorps, besetzt von einer Kompanie aus Jauernig mit etwa 1000 Männern unter dem Befehl von Major Then aus Weidenau. Es beginnt die Verfolgung und Liquidation von Tschechen, Kommunisten und deutschen "Volksverrätern".


Nach dem Münchner Vertrag beginnt ab 1. Oktober 1938 die Besetzung des Grenzgebietes, das damals schon völlig von der tschechischen Bevölkerung verlassen war. Sie mußte sich im Landesinneren eine neue Heimat suchen. Die tschechoslowakische Armee zog sich zurück, das Freiwaldauer Gebiet wurde von 28. Infanteriedivision der deutschen Wehrmacht besetzt.


Der 2.Weltkrieg im Weidenauer Ländchen


Die Zeit der sogenannten Zweiten Republik, die deutsche Okkupation und die folgenden sechs Jahre des 2. Weltkriegs bilden eines der schwärzesten Kapitel der tschechischen Geschichte. Für Weidenau ist sie schwer zu rekonstruieren. Das Freiwaldauer Gebiet wurde ein Teil des Sudetengaus. Aus dem ehemaligen theologischen Seminar wurde ein Gefangenenlager für englische und französische Offiziere. Bei dem Versuch zu fliehen, wurden vier Engländer erschossen. Sie wurden auf dem Weidenauer Friedhof beerdigt, aber am 1. Oktober 1947 von Mitgliedern der Hohen Englischen Mission exhumiert und nach Großbritannien überführt. Gegen Ende des Krieges ziehen durch das Gebiet viele Gruppen von Deutschen, die vor der sowjetischen Armee fliehen. Seit dem 24. Januar 1945 werden über die Straßen des Feiwaldauer Bezirks endlose Kolonnen von Gefangenen aus Konzentrationslagern getrieben, bei schrecklicher Kälte in völlig unzureichender Bekleidung mit Holzpantoffeln, oder nur mit Socken an den Füßen. Diese Märsche des Todes zeigten der deutschen Bevölkerung das wahre Gesicht des Nazismus. Wer nicht mehr weiter konnte, wurde ohne Gnade liquidiert. Allein auf dem Gebiet der Gemeinde Weidenau wurden 19 Gefangene erschlagen, die zuerst außerhalb des Friedhofs begraben, aber schon im Jahre 1945 exhumiert und in einem gemeinsamen Grab im Ortsfriedhof beerdigt wurden.


Trotz der ausweglosen Situation trieb auf den Straßen die Feldgendarmerie ihr Unwesen, die vor allem nach entflohenen deutschen Soldaten suchte. Der Terror wuchs nach dem l5. Februar 1945 noch an, als von Standgerichten auch die Verweigerung, in den Volkssturm einzutreten, mit dem Tode bestraft wurde. So wurde Dr. Jung, der sich nach der Evakuierung aus Breslau in Weidenau niedergelassen hatte und den Hitler - Fanatismus mit seinem Kampf bis zum letzten Mann verurteilte, im März 1945 zum Tode verurteilt und hingerichtet.


Weidenau hat durch den Krieg keine Schäden erlitten, nur die Brücke über den Weidenbach wurde gegen Ende des Krieges von deutschen Soldaten gesprengt.


Die Nachkriegsgeschichte der Tschechischen Republik wurde eingeleitet durch ein revolutionäres Unrecht, die Vertreibung der deutschen Bevölkerung. Besonders in den ersten Monaten der sogenannten wilden Austreibung bis August 1945 kam es an vielen Orten zu grausamer Gewalt gegenüber der deutschen Bevölkerung, welche ohne jeden rechtlichen Schutz und so jeder Willkür ausgeliefert war. Dieses historischen Ereignis wurde von den Zeitgenossen als gerechte Vergeltung gesehen. Bis heute bringen sich jene Ereignisse in Erinnerung vor allem im Grenzgebiet durch hunderte von untergegangenen Dörfern und Einzelgehöften und durch die allgemeine Verwüstung. Davon gibt auch Weidenau Zeugnis.


Zum ersten Aussiedlungstransport kam es in Weidenau am 26. Juli 1945. Die Ausgesiedelten durften nur das aller nötigste mitnehmen. Die übrige deutsche Bevölkerung unterlag der Arbeitspflicht, die das Arbeitsamt kontrollierte, das hier zu diesem Zweck errichtet wurde. Der letzte Transport ging am 3. Oktober 1946 ab.

Die letzten Filpe, nämlich die Familie des Schuhmachers zu Kleinkrosse, Adolf Filpe (*1871 in Domsdorf, Kreis Freiwaldau + 1955 in Lindau am Bodensee, PersonNr.IV.24) aus der Linie des Michael Filpe, verließen mit diesen letzten Aussiedlungstransporten das Weidenauer Ländchen. Der zweitgeborene Sohn der Familie, Adolf Filpe jun. (* 1910 in Kleinkrosse Nr.54 + 1972 in Lindau am Bodensee, PersonNr. V.24) bekam am 05. August 1945 in Kleinkrosse Nr. 26 noch sein zweites Kind, Johannes (VI.22). Anschließend wurden sie nach Thüringen ausgesiedelt. Später kamen sie nach Lindau am Bodensee in Bayern.



Nachkriegszeit im Weidenauer Ländchen


Nach der Vertreibung der Deutschen war es notwendig, diese Gebiete mit einer neuen Bevölkerung zu besiedeln. In das Grenzgebiet zogen meistens ehrliche Leute, von denen viele hier eine Heimat gewonnen haben, leider aber auch viele Abenteurer und zweifelhafte Existenzen, die bezeichnenderweise "Goldgräber" genannt wurden. Diese versuchten aus der gegebenen Situation möglichst viel für ihre eigene Bereicherung herauszuholen. In Weidenau und Umgebung gab es keine größeren Schwierigkeiten mit der Besiedelung im Vergleich zu anderen Grenzorten - wie zum Beispiel dem Freudenthaler Bezirk, weil die Gegend fruchtbar war und eine verhältnismäßig gute Verbindung zum Inland hatte. Nach einer Übersicht zum 1. 9. 1946 war die Stadt selbst zu 50 % wieder besiedelt und die Umgebung zu 85%. Das Problem der Besiedelung wurde teilweise durch die Ankunft von Repatrianten aus Ungarn und Rumänien gelöst, in den folgenden Jahren durch Emigranten aus Griechenland.


Die Behörden, die früher in Weidenau angesiedelt waren, wurden nach Freiwaldau verlegt. In Weidenau selbst blieb eine Einheit der SNB, der Polizei und des Grenzschutzes. Den Grenzschutz sicherte eine Abteilung der Finanzwache. Die Schamottfabrik, die verstaatlicht und in die Keramischen Betriebe eingegliedert wurde, bot der Bevölkerung weiterhin die meisten Arbeitsplätze. In Weidenau ließen sich eine Reihe von Handwerkern und Gewerbetreibenden nieder. Diese Situation endete radikal im Laufe der fünfziger Jahre. Im Grunde wurden die Gewerbetreibenden und Handwerker liquidiert.


Im Rahmen der Kollektivierung der Dörfer wurde eine JZD (landwirtschaftlich Genossenschaft) gegründet, die aber im Jahre 1955 wieder auseinanderfiel. Zwei Jahre später wurde sie erneuert, aber sie vegetierte so dahin bis 1964 in die JZD Grosskrosse eingebunden wurde.


Eine Reihe von Steinbrüchen wurde von den Inhabern verlassen, die Steinbrüche verkamen.


Allmählich kam es zu irreparablen Schäden im Erscheinungsbild der Gemeinde, die ihr Gesicht veränderte, leider nicht zum Besseren.


Im Jahre 1956 wurde in Weidenau eine Berufsschule gegründet, die 1962 ihre Räume mit der Caritas austauschte.


Im Jahre 1959 kam es zu einer Vereinbarung zwischen Polen und der Tschechoslowakei in Bezug auf die Gestaltung der Grenze, die auch Weidenau betraf. So kam Schubertskrosse wieder zu Weidenau.


Die ganze Angelegenheit wurde aber bis heute nicht zu Ende geführt.


Das Jahr 1960 kann man als das Jahr der Demolierung bezeichnen, weil in den Frühjahrsmonaten über 60 Häuser niedergerissen wurden. Die Zerstörung wurde auch in den folgenden Jahren fortgesetzt, die niedergerissenen Häuser wurden manchmal durch Bauten ersetzt, die wie die "Faust auf 's Auge" wirken. Das gilt insbesondere für die Neubauten auf dem Markplatz. Erst im Jahre 1965 wurde die neue Brücke über den Weidenbach in Betrieb genommen. Drei Jahre später wurde Weidenau an das Ferngas angeschlossen und der Betrieb der hiesigen Gasanstalt eingestellt, die seit 1908 existierte und neben Gas auch Qualitätskoks lieferte. Im selben Jahr erreicht Weidenau auch die "Pest der Fertigplattenbauweise".

Im Gegensatz dazu wurde mit Einfühlungsvermögen das örtliche Schloß restauriert, in dem im Jahre 1971 eine Volkskunstschule untergebracht wurde. Zu Beginn des Jahres 1970 wurden die Gebäude Nr. 86 und 87 in der Rathausstraße rekonstruiert, wo an die erhaltenen Fassaden neue Häuser angebaut wurden. Seit den siebziger Jahren fanden weitgehende Rekonstruktionsarbeiten an den Gebäuden der Grundschule und der Berufschule statt.


Zu den bedeutsamen Ereignissen in der Geschichte der Gemeinde gehört die Verbindung mit Großkrosse im Jahre 1976. Die Zahl der Bewohner von Weidenau, die sich nach dem 2. Weltkrieg um 1500 bewegte, erhöhte sich so auf 2397 im Jahr 1980.


Die Arbeitsmöglichkeiten für Frauen verbesserten sich nach der Eröffnung der Volksbekleidungsgenossenschaft und des Betriebes Moravolen. Die örtliche Turnereinheit eröffnete im Jahre 1987, nach langem Aufbau, ihr Sportareal mit neuem Rasen, Kabinen und Tennisplätzen.


Im Jahre 1988 wurde mit dem Bau der neuen Wasserleitung begonnen, die auch den umliegenden Orten dienen soll. Auf dem örtlichen Bahnhof wurde im folgenden Jahr eine Ausstellung der Eisenbahn - Sicherungstechnik eröffnet.


Aufgrund eines neuen Gemeinden-Gesetzes, trennte sich 1990 Großkrosse wieder von Weidenau. Im selben Jahr wurde der Sportplatz fertiggestellt. Der Kesselraum für den Gasbetrieb wurde im Haus Nr. 73 hergerichtet. Dieser Maßnahme ist es zu verdanken, dass sich die Luft in der Stadtmitte verbessert hat. Im Jahre 1991 wurde die Schamottfabrik und der Betrieb Moravolen stillegelegt. Durch diese Maßnahmen stieg die Arbeitslosigkeit in der Stadt auf bis zu 37% in unerträgliche Höhe. Aber das ist im Grunde schon die Gegenwart, die Gegenstand eines anderen Kapitels sein wird.